Die Wahlversprechen der FDP Schaffhausen

Um die Wahlversprechen einzulösen, müssen jetzt auf breiter Front Taten folgen.

Bei den letzten Kantonsratswahlen gab die FDP Schaffhausen gegenüber der Schaffhauser Bevölkerung folgende vier Versprechen ab: Schaffen wir ein mildes Steuerklima! Sorgen wir für Energiesicherheit! Nutzen wir das Potential! Fördern wir lebenslanges Lernen! Übergeordnet will die FDP Schaffhausen den Kanton mit viel Eigeninitiative und Selbst-verantwortung, aber möglichst wenig Gesetzen und Verordnungen gestalten, macht doch ein Paragraphen-Staat keinen Spass!

 

So weit so gut. Um jedoch die Versprechen in der laufenden Legislatur einlösen zu können, muss die FDP Schaffhausen auf dem politischen Parkett rasch und fokussiert aktiv werden. Christian Heydecker hat mit seinem Postulat „Steuerstrategie zur Sicherung unserer finanziellen Handlungsfähigkeit“ einen hoffnungsvollen Anfang gemacht. Dieses Postulat liesse sich als Blaupause auch für die andern drei Handlungsfelder nutzen, denn die von Christian Heydecker angesprochene Zufälligkeit in Bezug auf die kantonale Steuerstrategie gilt auch für das lebenslange Lernen (was die Arbeitsmarktfähigkeit und damit die Jobsicherheit erhöht), die Nutzung des gesellschaftlichen Potentials (Wettbewerb der Ideen statt auf Redezeitbeschränkung basierender parlamentarischer Einheitsbrei) und die Energiesicherheit (wo sind die konkreten Pläne bis wann im Kanton Schaffhausen mit welcher nachhaltigen Technologie wieviel Strom und Wärme zu welchem Preis produziert werden können?). Nirgends sind in diesen für eine prosperierende Zukunft wichtigen Bereichen gesamtheitliche und vernetzte Konzepte zu erkennen. Damit soll nicht gesagt werden, es werde nichts gemacht. Aber vieles ist zufällig und beschränkt sich auf Einzelaktivitäten.

 

Eine vertiefte Diskussion dieser Problematik durch Vorstand und Fraktion ist dringend und wichtig. Die daraus resultierenden politischen Forderungen und dazugehörende, möglichst liberale Aktionspläne könnten an FDP-Themenkaffees den interessierten Parteimitgliedern und Sympathisanten vorgestellt und von diesen kritisch gewürdigt sowie konstruktiv ergänzt werden.

 

Zu wünschen wäre jedoch, dass die Diskussion etwas dialektischer erfolgen würde, als dies kürzlich im Rahmen der virtuellen Parteiversammlung beim CO2-Gesetz der Fall war. Eine Diskussion ist mehr als die Aneinanderreihung persönlicher Meinungen mit nachfolgender Schlussabstimmung. Ein solches Vorgehen wird den immer komplizierteren Fragen unserer Zeit nicht gerecht. So wurde in Bezug auf das CO2-Gesetz die Frage schlicht ausgeblendet, wie ein derart bürokratisches Umverteilungsmonster mit dem Urgedanken des Freisinns, für mehr persönliche Freiheit und weniger staatliche Eingriffe einzustehen, vereinbar ist. Damit soll die Notwendigkeit, den Ausstoss an Treibhausgasen zu reduzieren, nicht in Frage gestellt werden, aber das angedachte Mittel dazu. Es kann doch nicht sein, dass eine Partei, welche die Forderung nach möglichst wenig staatlicher Regelung als ihr Alleinstellungsmerkmal bezeichnet, für ein derart unausgegorenes Gesetz einsteht, wie dies das CO2-Gesetz ist. Oder kann jemand erklären, weshalb die Flugticketabgabe eine zielführende Massnahme sein soll, ohne aber das Streamen von Videos oder das Schürfen von Bitcoins ebenfalls mit einer Abgabe zu belasten? Der CO2-Ausstoss des globalen Flugverkehrs war vor Corona jedenfalls etwa gleich gross wie der des World Wide Web. Womit wir bei der Eigenverantwortung in Bezug auf die Reduktion von CO2 wären. Nehmen Sie sich die Zeit und beantworten Sie den Fragebogen des WWF-Footprint-Rechners auf www.wwf.ch/de/nachhaltig-leben/footprintrechner. Sie werden erstaunt sein, wie viel CO2 sich ohne gesetzliches Regulierungsmonster einsparen lässt. Dazu gehören insbesondere, keine Lebensmittel wegzuwerfen, auf Wochenmärkten oder direkt beim Bauer einzukaufen, Vergnügungsfahrten vermehrt mit der Bahn oder dem Velo zu machen, zeitlos modische Kleidung und qualitativ gute Schuhe zu kaufen, sich im Winter mit einer Raumtemperatur von 21 Grad zu begnügen, einmal im Jahr in der Schweiz Ferien zu machen statt mit dem Flieger zu verreisen, häufiger offline zu sein und last but not least: ein sparsames Dieselauto bis ans Ende seines Lebenszyklus zu fahren statt rasch möglichst ein batteriebetriebenes Auto zu erwerben, was nur dazu führen würde, dass nicht mehr die bösen Araber von unserer übertriebenen Mobilität profitieren, sondern die Chinesen, denen der grösste Teil der für die Herstellung von Batterien benötigten Mineralien und seltenen Erden gehört. Und wie ein Viertel des für die viel gepriesenen Lithium-Ionen-Batterien benötigten Kobalts gewonnen wird, möchten Sie lieber nicht wissen, wenn Ihnen Kinderarbeit ein Gräuel und die Einhaltung der Menschenrechte wichtig sind. Erst wenn wir begreifen, dass unser Verhalten einen grösseren und vor allem unmittelbareren Einfluss auf die Reduktion unseres CO2-Ausstosses hat als jeder technische Fortschritt, sind wir der Lösung des Klimaproblems einen wesentlichen Schritt näher gekommen. Weshalb das so ist erklärt uns Goethe bildhaft mit seinem Gedicht „Der Zauberlehrling“. Wir meinen zwar, mit immer noch mehr Technologie die selbst geschaffenen Probleme in den Griff zu kriegen, schaffen dadurch aber häufig nur neue, noch schwerwiegendere. Deshalb sollten wir bei allem, was wir tun, hin und wieder das Ende bedenken.

 

Das empfiehlt sich auch für die FDP hinsichtlich politischer Grundsatzfragen! Selektiv auf Eigenverantwortung zu pochen, um bei nächster Gelegenheit komplizierte staatliche Regelwerke zu fordern, ist keine erfolgversprechende Strategie und wird von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern immer weniger verstanden. Macht die FDP so weiter, muss sie sich in einigen Jahren mit dem Gedanken befassen, ob die Zeit für eine Fusion mit den Grünliberalen gekommen ist. Spätestens dann gibt es in der Schweiz Raum für eine neue wirklich liberale Bewegung.

 

Machen wir uns also an die Arbeit und suchen wieder vermehrt nach freiheitlichen, auf Eigenverantwortung beruhenden und durch den einzelnen umsetzbaren Konzepten fernab von Subventionshonigtöpfen und ausuferndem Service Public. Das wird mit Sicherheit zum angestrebten milden Steuerklima, zur Energiesicherheit, zur Nutzung des vollen gesellschaftlichen Potentials und zu lebenslangem Lernen führen.

 

Peter Wullschleger